Die Witwe von Chester Bennington im Interview: "Der Schmerz verschwindet nicht einfach"

Wir hatten die einmalige Chance, mit Talinda Bennington, der Witwe von Chester Bennington, zu sprechen.

Etwas mehr als ein Jahr ist es nun her, dass Chester Bennington am 20. Juli 2017 auf tragische Weise von uns ging. Der Linkin Park Frontmann nahm sich das Leben in seiner Wohnung in Kalifornien. Die Musikwelt ist noch immer erschüttert. Wir bekamen jetzt die Chance, mit Chesters Frau Talinda Bennington über Vergangenes und Zukünftiges zu sprechen.

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Für Chester Benningtons Witwe Talinda war das vergangene Jahr sicher kein leichtes. Während die Medien einen riesen Wirbel um den Tod des Sängers machten, wurde auch Talinda immer wieder auf das Thema angesprochen. Die dreifache Mutter war von da an fast täglich dazu gezwungen, sich mit dem plötzlichen Tod ihres Mannes auseinander zu setzen. Für ihre Familie blieb sie stark und so beschloss sie vor wenigen Monaten, etwas in der Welt verändern zu wollen: Über die geistige Gesundheit müsse genauso offen geredet werden, wie über die körperliche.



Wir hatten jetzt die Möglichkeit, uns mit Talinda in Berlin zu treffen und ihr ein paar exklusive Fragen zu stellen. Hier das gesamte Interview:

Talinda Bennington und unser Redakteur Alexander Jedermann

Talinda, wie geht es dir? Wie geht es der Familie zu Hause?
 
Uns geht's okay. Wir managen das alles ganz gut. Den Kids geht es ziemlich gut. So gut es geht eben. Mir auch. Wir machen das Tag für Tag, Stück für Stück, aber... der Schmerz verschwindet nicht einfach, man gewöhnt sich eher daran.
 
Du hast gerade eine Kampagne mit dem Namen "320 Changes Direction" gestartet. Worum geht es da?
 
320 steht für den 20. März, also Chesters Geburtstag. Ich habe mich für diese Kampagne mit einer bestehenden Organisation namens 'Change Direction' zusammengeschlossen, die sich darum bemüht, die Kultur rund um die seelische Gesundheit zu verändern.
 
Inwiefern ist dieses Programm anders?
 
Ich würde gar nicht sagen, dass dieses Programm so anders ist, aber es ist eine große Erweiterung. 320 war meine Idee und es soll eher eine Technologie-basierte Lösung sein, die es einfacher macht, Zugriff auf Fürsorge zu bekommen. Nicht für die, die bereits in Not sind, sondern auch für Freunde und Familie. 'Change Direction' hat bereits über 700 Partner, die buchstäblich daran arbeiten, die Richtung unserer Bildung um geistige Gesundheit zu verändern. Je mehr Kräfte wir vereinen können, umso stärker werden wir. Hoffentlich können wir bald direkte Erfolge sehen.
 
Das Wichtigste ist also die Wahrnehmung des Ganzen, richtig?
 
Ja, das zu verändern ist wichtig. Man muss zum Beispiel die fünf Indizien des emotionalen Wohlseins kennen. Für einen selbst und seine Freunde. Man muss wissen, wie man sich verhält und wo man Hilfe bekommt. Es geht darum gebildeter zu werden, wenn es um geistige Gesundheit geht. Wir müssen verstehen, dass uns das alle betrifft.
 
Kannst du mir diese fünf Indizien erklären?
 
Ja, ein Anzeichen ist zum Beispiel, wenn du jemanden siehst, dessen Persönlichkeit sich verändert hat oder dessen Laune sich häufiger in Richtung Wut und Angst bewegt. Dann schaust du wie es ihnen geht und fragst sie: 'Brauchst du Hilfe?' Es geht darum zu verstehen, dass wir alle diese fünf grundlegenden Indizien haben und wenn man jemanden sieht, der damit zu kämpfen hat, dann ist es okay darüber zu sprechen. Man kann sich das alles genauer auf changedirection.org anschauen.
 
Wie können wir dich bei dieser Sache unterstützen?
 
Ihr könnt uns am besten dabei unterstützen, indem ihr die Message verbreitet. Wir wollen die Erinnerung an Chester am Leben erhalten und ihn stolz machen.
 
Wann hast du das letzte Mal mit den Linkin Park Bandmitgliedern gesprochen? Wie geht es ihnen?
 
Ihnen geht es okay. Ich spreche mehrmals die Woche mit Mike. Er ist wie ein Bruder für mich. Mit den anderen Jungs spreche ich auch relativ oft.
 
Hörst du Chesters Musik noch?
 
Nein, das kann ich nicht. Ich kann seine Stimme einfach nicht mehr hören.
 
Inwieweit hast du versucht herauszufinden, warum es passiert ist? Beschäftigst du dich immer noch damit?
 
Na ja, nein. Ich habe tatsächlich nie wirklich versucht das 'Warum' zu verstehen, weil mir das nicht gut tut. Es tut niemandem gut. Wenn man versteht warum, dann wird es immer etwas oder jemanden geben, den man dafür schuldig machen kann und das ist eine Krankheit. Es sollte bei einer Krankheit keine Vorwürfe geben.
 
Wie bist du damals mit den Reaktionen von Medien, Freunden und Familie umgegangen? Du erschienst immer so stark in allen öffentlichen Auftritten.
 
Danke. Ich habe meine Kraft immer daraus gezogen, zu wissen, dass mein Verhalten nun anderen helfen kann. Dass ich einen kleinen Unterschied machen kann. Und ich wusste, dass meine Stärke auch meinen Kindern helfen würde zu verstehen, was passiert ist und warum er nicht mehr da ist.